27.03.2025
Es ist mittlerweile Tradition, dass beim Starkbierfest des SC Tegernbach auf hohem Niveau die Politik- und Dorfprominenz der Region derbleckt wird. Uns so füllt sich die Turnhalle des Sportvereins in den letzten Jahren immer mehr, bis am Samstag kaum noch Platz für die rund 160 Gäste übrig blieb.
Bei Herminator-Starkbier vom Zieglerbräu und bayrischen Brotzeiten setze SCTler Marco Kieferl zu seiner vierten Starkbierpredigt an – zunächst höchstpersönlich, später mit seinem Alter Ego Marco Söder stilecht in Rollkragenpullover, gefärbten Haaren und frisch rasiertem Söder-Bart. Social Media machte Kieferl zum Hauptthema seiner Rede. So sei Schwimmbadretterin Rosi Hofbauer durch ihr herausragendes Engagement und Werben in der vereinseigenen Social-Media-Gruppe die erste erfolgreiche Influencerin der Gemeinde, für die er sich bei der Messe zum 50-jährigen Schwimmbadjubiläum eine Ernennung zur Schutzheiligen aller Freibäder erhoffe.
Bürgermeister Michael Krumbucher wiederum attestierte er erste Gehversuche auf diesem Gebiet und empfahl die Übernahme und gemeinsame Performance des Songs „Instastar Michi Krumbucher“, einer selbst umgedichteten Parodie von Harpos „Moviestar“, um in der Gemeinde viral zu gehen.
Doch Kieferl schlug auch ernstere Töne an und brachte Social Media mit dem überraschenden Zuspruch der jungen Wähler für die AfD in Verbindung. Verfügbarkeitsheuristik und Confirmation Bias, so der studierte Psychologe, würden dazu führen, dass User in Social Media durch die Fülle an rechtsextremen Inhalte immer mehr beeinflusst würden und letztlich gezielt nach Inhalten suchen würde, die der eigenen Meinung entsprächen. Journalistisch aufbereitete Fakten oder Widerspruch gegenüber falschen rechten Inhalten finde hier nicht statt, der Erfolg der AfD auf diesem Gebiet sei statistisch nachweisbar. Gerade deshalb sei Kommunikation wichtiger als das Aufbauen verhärteter Fronten, um falschinformierten AfD-Wählern einen Weg zurück in die Mitte der Gesellschaft zu bieten.
Bei all dem Wählerfrust habe Kieferl jedoch einen Grund für Zuversicht – Vereinspräsident Robert Hiesbauer, den er in Anlehnung an die Grünenplakate ins neue „Team Robert“ hievte. So viel zu Kieferl, denn nach der Pause tauchte erstmals Marco Söder, der kleine Bruder des Ministerpräsidenten am Pumpernudlberg auf, lobte die braven Orts-CSUler und kritisierte den geplanten Haushalt der Gemeinde, welche beim Aufnehmen neuer Schulden der großen Koalition nacheifere. Weniger Einnahmen, aber dafür ein Kinderbetreuungszentrum für 6 Millionen Euro werde dort angestrebt.
Auch die vereinseigenen Abteilungen wurden jetzt aus Sicht der vermeintlichen Staatsregierung in schlimmstem fränkischen Dialekt aufs Korn genommen. So habe die Tennisabteilung, wovon die Fusballer träumen würden – Nachwuchs, auch wenn dieser jenseits der 50 neue Ämter übernehme. Die Ablehnung einer geplanten Spielgemeinschaft mit dem TSV Rudelzhausen nannte „Söder“ vorbildlich, immerhin dürfe Migration trotz aller sinnvollen Argumente in der neu ausgerichteten Union ja keine Lösung sein.
Statt dem Gegeneinander predigte Kieferl das Miteinander der Gemeinde, welches angesichts der Weltlage wichtiger denn je sei. Solange dieses herrsche wie am Samstagabend in der SCT-Turnhalle, wo Tegernbacher und Rudelzhauser, Gemeinderäte aller Partei und Vereinsaktive der verschiedensten Ortsteile kräftig über sich selbst lachen konnten, gebe es schließlich noch Grund für Optimismus.